Das Stuttgarter Hutzelmännlein by Eduard Mörike

Das Stuttgarter Hutzelmännlein by Eduard Mörike

Autor:Eduard Mörike [Mörike, Eduard]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Erzählung
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Laßt aber sehn, was seither der Gesell in Ulm für Glückssprünge mag gemacht haben.

Zween Monat – eher drunter als drüber – kann er daselbst gewesen sein, da war er mürb und gar bereits vor Liebe zu der Meisterin; und wenn er wohl bisweilen meinte, ein wenig mehr Gespräch und Fröhlichkeit stünd’ ihr gut an, so dachte er doch immer gern eines alten wahrhaften Worts: Stille Schaf seind mille- und wollereich, wird ihnen gewartet. Alle Samstagnacht, wenn er auf seine Kammer ging, sprach er bei sich: »Jetzt morgen tragst du ihr die Heirat an«, und wenn er eben drauf und dran war, ließ er’s wieder, aus Blödigkeit und Sorge, sie möchte ihn zuletzt doch stolz ablaufen lassen.

Nun hatten sie einsmals ein Schweinlein gemetzelt, das zweite seitdem man den LichtbratenLichtbraten: Lichtgans, ein Braten, welchen Handwerker, die im Winter auch des Nachts arbeiten, Schuster, Schneider, Weber und dergleichen, ihren Gesellen beim Anfang des Winters zum besten geben. Bis zu Ende des 18. Jahrhunderts bestand in Ulm dieser Gebrauch in einem mit Musik, Trommeln und Pfeifen und bisweilen mit öffentlichen Aufzügen verbundenen Schmause. hatte – es war schon im Hornung und schien ein vorzeitiger Frühling zu werden –, da befand sich der Seppe am Morgen allein mit ihr in der Küche, das Fleischwerk in den Rauch zu hängen. Inmittelst, als er sich die Leiter unter dem Schlot zurechtstellte, die Würste sich in Ringen um die Arme hing, erzählte er ihr von Regensburg und Regensburger Würsten, was er vom Hörensagen wußte; und wie er so mit seiner Tracht aufstieg in das Kamin, sie aber unten stand beim Herd, sprach sie: »Nach Regensburg geht Ihr doch noch; es liegt Euch allfort in Gedanken.«

Der Seppe, weil sie ihm nicht ins Gesicht sehn konnte – denn oberhalb stak er im Finstern –, nahm sich ein Herz und sagte: »Wenn es auf mich ankäm’, ich wollte leben und sterben bei Euch.«

»Ihr sollt auch unvertrieben sein!« gab sie zur Antwort.

»Ja«, sagte er und stockte, »es mag halt einer doch auch nicht sein Leben lang ledig verbleiben.«

Sie sagte nichts darauf. Da fing er wieder an: »Nach einem rechten Weibe kann ein armer Teufel heutigstags weit suchen.«

Darauf sie ihm entgegnete: »Man sucht erst einmal in der Nähe.«

Dem Seppe schossen bei dem Wort die Flammen in die Backen, als wollten sie oben zum Schornstein ausschlagen!

Die Stangen hingen alle voll, er hätte können gehn; allein der Angstschweiß brach ihm aus, er wußte nicht, wie er am hellen Tagslicht vor die Frau hintreten, noch was er weiter sagen solle. Drum nestelt’ er und ruckt’ und zappelte noch eifrig eine Weile an den Würsten hin und wieder. Auf einmal aber sprach er: »Meisterin, ich habe je und je schon oftermals gedacht, wir wären füreinander. Ich hätte eine Lieb’ zu Ihr und groß Zutrauen.«

»Davon läßt sich schon reden!« sagte sie. – Nun stieg er flugs herab und stand vor ihr mit einem schwarzen Rußfleck um die Nase, darüber sie ein wenig lächelte und einen Zipfel ihrer weißen Schürze nahm und ihn abwischte. Das tat ihm ganz im Herzen wohl, er faßte ihre Hand und hatte ihren Mund geküßt, eh’ sie sich des versah.



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